Meet The Community: Witcher-LARP mit der Greifenschule

+


Im Rahmen unseres Meet the Community-Formats wollen wir einen ausführlicheren Blick auf eines der beliebtesten Community-Formate werfen - Live Action Roleplaying aka LARP.

Weitere Trailer und Kurzfilme findet ihr auf Youtube unter dem Stichwort "Kaer Iwhaell".

Und damit nun zu unserem kurzen Interview mit der Greifenschule:
Stellt euch bitte kurz unserer Community vor
Wir sind die Witcher-insipirierte, deutsche Liverollenspielgruppe "Greifenschule e.V". Mit unserem Liverollenspiel, selbst-veranstalteten LARP-Conventions, Filmdrehs, Basteltreffs und vielem mehr versuchen wir auf unsere Weise die wunderbare Welt von Sapkowski und von CD Projekt Reds Witcher-Reihe zum Leben zu erwecken: Spielspaß und Adrenalin zum Anfassen! Mein Name ist Matthias Schmittnägel und ich bin Gründer und Erster Vorstand des Vereins und heutiger Interviewpartner. Danke für die Einladung, es ist uns als Gruppe eine Ehre!
In wenigen Worten - was ist LARP?
In einem Satz: "live action role playing (game)", kurz LARP, bezeichnet ein Hobby, bei dem man sich in geschlossener Gesellschaft trifft um seine erdachten und dargestellten Charaktere im lebendigen Liverollenspiel zu spielen und Aufgaben zu lösen, die auf den Veranstaltungen "Cons" gestellt werden. Eigentlich tun wir LARPer das, was jedes zehnjährige Kind in seiner Freizeit so tut: Wir leben unser Kopfkino kreativ aus, nur sind unsere Requisiten etwas besser als geschnitzte Stöcke von kleinen Jungs. (Naja, sagen wir mal meistens).

Der Spieler, also der Teilnehmer, verkörpert dabei eine Rolle („Charakter“), indem er sich seiner Spielfigur entsprechend anzieht, rüstet und verhält und mit den anderen Charakteren auf der Veranstaltung interagiert. Der besondere Reiz: Das Drehbuch ist nicht festgeschrieben, sondern die Lösungen der gestellten Aufgaben ergeben sich frei und dynamisch auf der Veranstaltung durch all die verschiedenen Motive und Fähigkeiten, die die Charaktere mitbringen - so bleibt jede Veranstaltung einzigartig und spannend.

Organisatorisch sieht das ganze so aus: Auf einem bestimmten Gelände bietet ein Veranstalter den LARPern gegen Veranstaltungsbeitrag die Möglichkeit, ihre Charaktere auszuspielen und auszuleben. So ein Beitrag liegt je nach Location und Verpflegung üblicherweise zwischen 30,- € bis 200,- €. Der Veranstalter, die "Orga", sorgt für ein spannendes Szenario, zugehörige Requisiten und Aufgaben, den sogenannten "Plot". Cons sind zuweilen sehr unterschiedlich: Manchmal lagert man mitten im Wald auf einer grünen Wiese in Zelten, manchmal feiert man ein opulentes Bankett in einer eigens angemieteten Burg.

Es gibt übrigens ganz verschiedene Larp-Genres wie z.B. Fantasy, Science-Fiction, Western, Horror, ... Da aber die meisten Larp-Veranstaltungen in einem mittelalterlichen Fantasy-Setting stattfinden, ist meistens „Fantasy-Larp“ gemeint, wenn jemand von „LARP“ spricht. Sehr interessant an dem Hobby ist auch, dass es in recht gleichem Maße Männer und Frauen anspricht. Man könnte auch nicht sagen, dass LARPer oftmals bestimmten Berufsgruppen oder sozialen Schichten zuzuordnen sind: Man trifft Kinder, Schüler, Erwachsene und Rentner. Auf dem Conplatz spielen Studenten, Privatiers, Handwerker, Bankiers, Verkäufer, Büroangestellte, Piloten, Richter und Ärzte zusammen - das kann nicht jedes Hobby von sich behaupten.
Wie entstand die Idee für die Greifenschule?
Im Jahr 2014 war ich als LARPer in einer spannenden Phase: Ich hatte Lust auf etwas Neues und war willens mit befreundeten LARPern eine eigene LARP-Gruppe aufzubauen. In dieser sollte allen Gruppenmitgliedern Gelegenheit gegeben werden sich einzubringen und kreativ zu entfalten - wenn man es will. Außerdem sollte die Gruppenstruktur demokratisch sein - wer mitreden will bei Entscheidungen, darf mitreden. Aber was sollte das inhaltliche Thema der Gruppe werden...?

Zu dieser Zeit waren ich und einige der anderen künftigen Greifen schon total vernarrt in eure Spiele und Sapkowskis Bücher. Die Idee keimte schon seit längerer Zeit "den Hexer" und andere Charakterstereotypen dieses Universums LARP-kompatibel darzustellen. So lud ich einige befreundete LARPer in eine Chatgruppe ein und stellte ihnen meine Vision vor - eine demokratische LARP-Gruppe mit vereinsähnlicher Struktur, die den Witcher-Hintergrund als LARP-Interpretation bespielt. Seither haben wir viele wunderbare Menschen als Gruppenmitglieder dazugewonnen, haben viele Events selbst veranstaltet um der LARP-Szene etwas zurückzugeben und sind inzwischen sogar ein offizieller, eingetragener Verein. Wir haben einen weiten Weg hinter uns und sind stolz darauf, wo wir inzwischen stehen in der Szene.
Welche Arbeit steckt hinter euren Charakteren?
In der LARP-Szene ist seit Jahren eine ständige Verbesserung von Gewandung, Rüstung, Requisiten und optischer Darstellung zu beobachten, man könnte es fast ein "wettrüsten" nennen. So gibt es auch bei uns Spieler die einen immens großen Wert auf ihre Gewandung und Ausrüstung legen: Manche Kostüme werden komplett handgenäht, haben viele handgenähte Ziernähte, Stickereien, Punzierungen, Ätzungen und alle denkbaren Metall, Leder und Stoffarbeiten die man sich so vorstellen kann. Die Resultate sind optisch einfach fantastisch und schlagen meiner bescheidenen Meinung nach viele Filmkostüme moderner Fantasy-Filme und Serien um Welten. Sehr viel Gedanken machen wir uns auch um die Darstellung von Zauberei: Da uns die Physik und seine Naturgesetze quasi "die Game-Engine" unseres Hobbys vorgeben, versuchen wir diese auch maximal auszunutzen. Wir arbeiten bei Magiedarstellung viel mit Pyrotechnik, LEDs, Leuchtfarben und vielem mehr. So kommt es oftmals schnell, dass ein LARPer schwer beantworten kann, "wieviele Arbeitsstunden in seiner Darstellung stecken": Dadurch, dass man quasi nie fertig ist und seine Ausrüstung und Gewandung immer weiter verbessert oder mit zusätzlichen Details versieht, ist es für viele von uns unmöglich zu sagen, wieviele Stunden und Schweißperlen konkret in einer Charakterdarstellung stecken.

Was uns als Gruppe ein wichtiger Punkt ist: Unsere Philosophie sagt, dass schönes Rollenspiel eine gute Gewandung schlägt! Gelegentlich sehen wir beeindruckende Darstellungen auf dem Spielgelände, deren Spieler aber als Rollenspieler nicht unbedingt sehr überzeugend performen. Wir sehen eine aufwendige Gewandung eher als "i-Tüpfelchen", nicht als Basis für gutes LARP. Schließlich heißt unser Hobby live-action-roleplay, nicht live-action-cosplay.

Insofern haben wir auch Gruppenmitglieder, die hervorragend und mit langer Erfahrung live-rollenspielen, aber nicht den Detailanspruch an ihre Gewandung haben wie manche Andere - und das ist für uns als Gruppenfamilie völlig ok und wird von keinem geringschätzt! Der gemeinsame Spaß durch das Erleben und Bespielen von Geschichten muss für uns als Gruppe im Vordergrund stehen.
Wie können wir uns eure Events vorstellen?
Die Juristen pflegen zu sagen "Das kommt darauf an." Es kommt darauf an, welche Veranstaltung: Eine Abenteuer-Con? Eine LARP-Wanderung? Eine Taverne? Ein Basteltreff? Ein Waffentraining?

Nehmen wir als prominentestes Beispiel unsere Abenteuercon-Reihe "Kaer Iwhaell". Bisher ergab unser Setting, dass wir uns eine Burg anmieten und ein Wochenende lang die Gemäuer und den umliegenden Wald bespielen. Wir als Orga überlegen uns im Vorfeld, welche Herausforderungen, Geheimnisse und Statisten zu dem Setting passen würden und basteln und organisieren alles. Sind alle Vorbereitungen getroffen, haben wir ein bis zwei Tage vorher auf dem Gelände alle Requisiten aufgebaut, reisen die Teilnehmer an: So ein bisschen wie bei einem Hotelbesuch kommt man als Teilnehmer an und checkt erstmal ein. Man lädt sein Auto aus und bezieht sein Zimmer - in den meisten Fällen Gruppenschlafräume, hier endet deswegen die blumige Hotelmetapher, da viele LARP-Locations Jugendherbergen sind. Man lernt seine Zimmergenossen kennen und fängt an sich gemütlich umzuziehen. Es gibt Abendessen und die Veranstalter, die "Orga" gibt eine Sicherheitseinweisung für alle Teilnehmer. Wenn alle bereit sind, marschiert man mit den Spielern zu dem Startpunkt der Geschichte - beispielsweise in einiger Distanz im Wald, und der Spielleiter ruft laut die magischen Worte "TIME IN!". Gänsehaut. Das Spiel beginnt!

Ab diesem Punkt, kann die Veranstaltung alle Richtungen einschlagen. Spieler und deren Kreativität sind eine unkontrollierbare Macht, und die Spielleiter "SLs" müssen sich in der Kunst üben, die Bälle, die die Spieler den Spielleitern zuwerfen, aufzunehmen und etwas daraus zu machen. Ein Räuberüberfall im Wald auf der Anreise? Vielleicht vermeiden die Spieler geschickt den Kampf und bestechen die Räuber. Ein wütender Troll der einen Zugangsweg bewacht? Vielleicht kann man den Troll ja ebenfalls bestechen (Zauberwort "Mahakamer Schnaps") anstatt abzustechen. Was die Spieler aus dem jeweiligen Szenario machen, ist ihre Sache - die Bühne gehört ab diesem Punkt ihnen und den Statisten, den "NSCs", die bestimmte Rollen und angreifende Feinde darstellen. Sie sind die tragende Säule einer gelungenen Con, denn sie sind oftmals der maßgebliche Faktor, was Immersion, Kampf und Interaktion betrifft.
Was würdest du empfehlen, falls jemand mit LARP beginnen möchte?
Ich empfehle jedem Interessierten, sich erstmal etwas mit LARP zu beschäftigen. Es gibt sehr gute Videoblogs oder auch erklärende Seiten wie das "Larp-Wiki" auf dem man hilfreiche Erklärungen und Checklisten für die großen Anfängerfragen findet: Was muss ich mir kaufen? Was muss ich zu einer Veranstaltung mitnehmen? Wie erstelle ich mir einen Charakter? Was soll ich spielen?

Am besten hängt man sich an jemanden ran, der bereits Erfahrung in dem Hobby gesammelt hat. Wir haben in der Greifengruppe auch LARP-Anfänger, denen wir mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Die wichtigsten konkreten Tipps von mir:
  1. Spiele ein paar mal als NSC. Du kommst günstig auf die Cons, musst dich um wenig kümmern und bekommst meistens Ausrüstung gestellt/geliehen und du hast die Chance in kurzer Zeit viele verschiedene Rollen auszuprobieren. So findet man schnell heraus, ob Kämpfen, Zaubern, Heilen usw. einem Spaß machen oder eben auch nicht. Basierend auf dieser Erfahrung kann man dann eine fundierte Entscheidung treffen, was für einen Spielercharakter man sich erstellen möchte.
  2. Wenn du dir einen Spielercharakter erstellst, lege zum Einen Wert auf seine Motivation. Warum tut dieser Charakter, was er tut? Warum reist er? Warum will er Abenteuer erleben? Das macht den Charakter glaubhaft und sein Bespielen macht langfristig Spaß. Zum Anderen: Jeder Charakter sollte Schwachstellen und Ängste haben. Ein allmächtiger Tausendsassa ist kein spielerischer Gewinn für alle Beteiligten. Lasse es zu, dass dein Charakter in Fettnäpfchen tritt, im Kampf verwundet wird oder stell dich auch einfach mal dumm - es bereichert das Spiel anderer ungemein und man stellt fest, es macht einem auch selbst richtig Spaß, sich nicht zu ernst zu nehmen.
  3. Versuche stets, deinem Gegenüber Spielmöglichkeiten anzubieten, egal ob im Gespräch oder im Kampf. Versuche nicht zu gewinnen, sondern spielförderndes Rollenspiel abzuliefern, von dem die anderen Teilnehmer profitieren. Schaffe Situationen und Gelegenheiten, in denen andere Charaktere glänzen können.
Wo kann unsere Community mehr über euch erfahren?
Unsere Internetpräsenzen finden sich auf unserer Website, YouTube und Facebook.

Ein fettes Dankeschön an unseren Freund, Regisseur und Fotograph Markus Wacker (YouTube & Instagram), der sich stets auch über andere Projektanfragen freut.

Wir danken ganz herzlich für diesen spannenden Einblick hinter die Kulissen und auch dafür, dass unsere Spielwelten mit soviel Herzblut auf andere Art und Weise mit Leben gefüllt werden!

Kennt ihr Projekte oder Individuen, die ein Feature verdient hätten - oder gibt es etwas, worüber ihr gerne mehr lernen würdet? Wir freuen uns immer über eure Hinweise und Feedback!
 
Last edited:
Top Bottom