An introduction to Witcher 3: Or how to magically solve all lore and story issues (German fan-fiction)

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An introduction to Witcher 3: Or how to magically solve all lore and story issues (German fan-fiction)

Hello Witcher fans,

I'm a really huge fan of the whole Witcher franchise and especially the characters and world created by Andrzej Sapkowski. I quite enjoyed playing all the Witcher games as well but especially Witcher 3 had some storytelling issues imo that harmed the overall consistency of the lore of the whole franchise and how I personally interpreted the characters, their relationships, the events in the world and the basic philosophy.

So I asked myself how to solve or "fix" that issue for myself and I remembered a certain writing technique Sapkowski himself quite promintenly used in his novels, namely the concept of the "unreliable narrator". According to Wikipedia the unreliable narrator is characterized by:
An unreliable narrator is a narrator, whether in literature, film, or theatre, whose credibility has been seriously compromised. The term was coined in 1961 by Wayne C. Booth in "The Rhetoric of Fiction".While unreliable narrators are almost by definition first-person narrators, arguments have been made for the existence of unreliable second- and third-person narrators, especially within the context of film and television.

Sometimes the narrator's unreliability is made immediately evident. For instance, a story may open with the narrator making a plainly false or delusional claim or admitting to being severely mentally ill, or the story itself may have a frame in which the narrator appears as a character, with clues to the character's unreliability. A more dramatic use of the device delays the revelation until near the story's end. This twist ending forces readers to reconsider their point of view and experience of the story. In some cases the narrator's unreliability is never fully revealed but only hinted at, leaving readers to wonder how much the narrator should be trusted and how the story should be interpreted.
Readers of Sapkowski's Witcher novels might remember that some passages were quite openly narrated by an unreliable narrator. One example is the very end of "The Lady of the Lake" when Ciri tells Galahad about what happened after the pogrom of Riva with Geralt and Yennefer. One could even argue that huge parts ofthe novels were actually narrated by Dandelion himself and that most or all of its content is actually part of his "Half a century of poetry" collection of tales about Geralt. That's of course just an interpretation (and very open to discussion) but it brought me to the idea to write a little short story myself, introducing such an unreliable narrator for Witcher 3 as well. The reason why I wanted to do so is the fact that an unreliable translator can smooth all possible lore edges and issues by replacing the finalty of a traditional outside narrator with content that could be disputed and interpreted. It shifts the act of interpretation back to the reader/gamer/watcher. With such an unreliable narrator it's up to the consumer what they want to believe in the end and what they think is pure fiction made up by unreliable narrator for whatever reasons - or "the truth". The concept is also pretty elegant because it's even able to mitigate genereal storytelling issues by adding a fictional character that you could blame for such issues (in the person of this unreliable narrator).

But enough of theory, here is my small introduction piece to Witcher 3, introducing an unreliable narrator. It's written in German, because it's my mother tongue. But if people desire so I might consider to translate it to English (until then you can of course use translating software if you're interested). And be gentle with me, I'm a newcomer to the field of writing and it's really just a very short piece so don't expect too much. It's more about the its goals than the execution anyway. ;)

In medias res:


Eine Einleitung für Witcher 3: The Wild Hunt

Oder wie wie durch Geisterhand alle Probleme mit der Storykonsistenz beseitigt werden

In der Taverne war es warm, stickig und laut. Die lüsternen Blicke, die einige der sichtlich angetrunkenen männlichen Gäste ihr beim Eintreten zuwarfen, waren Wiara unangenehm und beunruhigten sie. Aber im Gegensatz zu draußen war es hier wenigstens trocken und außerdem war sie nicht ohne Grund hier. Sie schlug die Kapuze ihres Mantels zurück und blickte sich vorsichtig im Gastraum um, immer darauf bedacht, nicht zu lange auf den anwesenden Männern zu verharren. Sie sollten schließlich nicht auf falsche Ideen kommen. Noch während Wiara darüber nachdachte, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, daheim noch schnell ein Stilett in den Gürtel zu schieben, erspähte sie in einem der Ecken des Raumes einen Mann, der alleine an einem kleinen Tisch saß und nicht so recht in diese Taverne passen wollte, in der die anderen Männer sich dem geselligen Trinken, dem Kartenspiel und dem Erzählen von derben Witzen hingaben. Der Mann in der Ecke war hingegen damit beschäftigt, den Bierkrug, den er in beiden Händen hielt, hin und her zu drehen und von allen Seiten eingehend zu betrachten. Wiara blinzelte und kniff die Augen zusammen, um den Mann im dämmrigen Licht der Taverne besser sehen zu können. Er trug ein dezentes, aber sauberes und sicherlich teures Wams, das keinerlei auffällige Verzierung hatte außer einem kleinen Wappen aus Rauten und Löwen, das am Kragen eingestickt war. Und er war alt, sehr alt, mit weißen Haaren und einem kurz geschorenen weißen Bart. Er mochte mindestens um die 80 Jahre alt sein, schätzte Wiara. Ein ordinärer Spruch eines der angetrunkenen Subjekte neben ihr und das folgende Gejohle seiner Trinkkumpane rissen sie aus ihren Gedanken, gerade lange genug, um ihre Aufmerksamkeit von dem Mann in der Ecke abzulenken. Als sie wieder zu ihm hinüberschaute, spürte sie seinen Blick auf ihr ruhen. Seine auffällig blauen Augen hatten sich von dem Trinkgefäß gelöst und blickten sie nun aufmerksam und interessiert an. Als Wiara bemerkte, dass ihm ihre körperlichen Vorzüge nicht verborgen geblieben waren und ihm sichtlich gefiel, was er sah, errötete sie leicht. Er ist nur ein alter Mann, du dumme Kuh. Schließlich überwand sie sich und legte die letzten paar Schritte zu seinem Tisch zurück, die Angst und die Unsicherheit ignorierend, die langsam in ihr hochkrochen. Als sie vor ihm stehen blieb, wies er sie mit einer Handbewegung an, sich ihm gegenüber zu setzen.

„Es ist mutig von so einem jungen und hübschen Fräulein wie euch, um diese Uhrzeit eine Taverne wie diese zu betreten, “, begann er das Gespräch mit einer hellen und sehr angenehmen Stimme, die auch zu einem deutlich jüngeren Mann gepasst hätte. Wiara wunderte sich nicht. Noch bevor sie etwas erwidern konnte, fuhr er fort: „Aber wo sind meine Manieren? Möchtet ihr etwas trinken, wenn ihr schon hier seid?“ Sie nickte nur und er bestellte unverzüglich bei einer der herumeilenden Bedienungen, der er Wiaras Meinung nach deutlich zu lange auf den Busen starrte, einen Krug für sie und einen neuen für sich selbst, von dem er gleich einen großen Schluck nahm.

„Also nachdem das nun geklärt ist: Was tut ihr hier, Fräulein? Wer seid ihr? Und warum zeigt ihr ausgerechnet für so einen alten Knacker wie mich Interesse?“ Und mit einem leichten Lächeln auf den Lippen fügte er hinzu: „Ihr habt doch nicht etwa vor, mich mit dem Messerchen da in eurem Gürtel abzustechen?“

Wiaras Gesicht färbte sich erneut rot, was ihrem Gegenüber sichtlich gefiel. Mit pochenden Schläfen nahm sie sich vor, jeglichen Zweifel an ihren Absichten sofort zu zerstreuen. Wenn er kein Vertrauen zu ihr hätte, würde er ihr sicherlich nichts erzählen, da war sie sich sicher. Sie war sich jedoch keineswegs sicher, wie viel sie von dem, was sie bereits wusste, schon von Beginn an offenbaren sollte. Keinesfalls wollte sie ihn vor den Kopf stoßen.

„Ich heiße Wiara. Wiara Pfiffer. Ich bin die Tochter des hiesigen Dorfvorstehens und nichts läge mir ferner, als euch ein Leid zuzufügen.“ Sie nahm das Stilett aus dem Gürtel und legte es auf den Tisch als Zeichen dafür, dass davon keine Gefahr ausginge. „Aber ich bin auf der Suche nach euch…“ Sie sah ihm in die Augen und entschied sich spontan, der Sache einfach ihren Lauf zu lassen. „…Meister Rittersporn.“

Der alte Mann weitete die Augen, sichtlich überrascht. Er schwieg eine Weile und taxierte sie aufmerksam, als ob er alleine in ihrem Mienenspiel eine Antwort auf seine Fragen finden könnte. Schließlich seufzte er und ergriff mit einem Anflug von Bedauern erneut das Wort.

„So hat mich schon sehr lange niemand mehr genannt, Fräulein Wiara. Schon seit vielen Jahren nicht.“ Rittersporn trank einen Schluck und schaute zu, wie sich die kleinen Bläschen des Schaumes in seinem Krug eine nach der anderen auflösten. „Seit ich das Leben als fahrender Sänger für einen warmen Platz vor dem Kamin aufgegeben habe sind viele Winter vergangen. Ich habe die Laute endgültig an den Nagel gehängt und das Feld den Jüngeren überlassen. Mein Ruhm ist verflogen.. Wenn ihr also darauf aus seid, ein Autogramm oder vielleicht sogar ein privates Ständchen zu bekommen, habt ihr den Weg umsonst gemacht, meine Liebe. Ich bin im Ruhestand.“ Er nahm erneut einen großen Schluck und wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab. „Aber wie kommt es überhaupt, dass ihr wisst, wer ich bin und wo ihr mich antreffen könnt?“

„Nun ja, äh, Meister Rittersporn…“ Wiara sah den alten Dichter fragend an und als keine Widerrede kam, nahm sie sich vor, ihn auch künftig mit seinem alten Künstlernamen anzusprechen. „Ehrlich gesagt, Meister Rittersporn, bin ich in der Tat ein großer Fan von euch. Von euch und euren Liedern, euren Balladen, euren Geschichten.“ Sie machte eine kurze Pause, um Luft zu holen, dann fuhr sie fort. „Eine Geschichte mag ich besonders. Die, die vom weißhaarigen Hexer handelt. Dem weißen Wolf, dem größten Schwertkämpfer und Monsterbezwinger aller Zeiten. Von seinen Abenteuern. Und von seiner unglücklichen Liebe zu der Zauberin mit den rabenschwarzen Haaren. Und von den Elfen, den Zwergen und all den Fabelwesen und Bestien. Und vor allem von der Ziehtochter des Hexers, der verfolgten Prinzessin, seiner Vorherbestimmung!“

Wiara stoppte abrupt, als sie bemerkte, wie sehr die Aufregung sie dazu verleitet hatte, immer lauter und schneller zu sprechen. Sie sah sich verstohlen im Raum um, aber ihr Ausbruch war offenbar unbemerkt geblieben und die Männer um sie herum waren nach wie vor in die einfachen Vergnügungen vertieft, die sie am Abend von der schweren Arbeit auf den Feldern ablenkte. Der alte Dichter ihr gegenüber jedoch sah sie mit einer Mischung aus Interesse, Beunruhigung und etwas, das sie nicht einordnen konnte, aufmerksam an. Als er nichts antwortete, beschloss Wiara, noch einen Schritt weiter zu gehen.

„Ich weiß so gut wie alles über diese Geschichte. Ich weiß zum Beispiel, dass es nicht nur irgendeine Geschichte ist, die man den Kindern erzählt, damit sie sich fürchten, um ihren Eltern besser zu gehorchen, oder den Erwachsenen, damit sie ihren Alltag vergessen und sich in den Erzählungen von Heldentum, Schlachtengetümmel und romantischer Liebe verlieren. Ich weiß, dass diese Geschichte wahr ist. Sie ist kein Hirngespinst, das ihr in eurem Kopf ersonnen habt, weil es in einem Lied gut klingt und die Kasse klingeln lässt. Den Hexer gab es wirklich. Auch die Zauberin und die Prinzessin. All das ist wirklich passiert!“

„Was wisst ihr schon von diesen Dingen, Fräulein Wiara?“ unterbrach sie der alte Dichter, sichtlich erregt. „Wie alt seid ihr? 17? 18? Das sind in der Tat nichts weiter als Märchen, Geschichten, die gut klingen und unterhalten sollen. Und ich habe euch doch bereits gesagt, dass ich im Ruhestand bin. Was wollt ihr also von mir? Wenn ihr derlei Geschichten hören wollt, dann wartet bis ein fahrender Märchenerzähler durch euer Dort kommt.“

„Ich habe kein Interesse an irgendwelchen Märchen, Meister Rittersporn! Nur an der wahren Geschichte von Geralt, dem Hexer. Der Geschichte von Cirilla, der Prinzessin von Cintra. Ihr seid überrascht? Ich sagte euch doch, dass ich alles über diese Geschichte weiß. Erinnert ihr euch an die Lichtung, auf der die Eiche Belobheris stand? Es muss gut 40 oder 45 Jahre her sein, als ihr dort von Geralt, Yennefer und Cirilla gesungen habt. Mein Großvater war auch dort, wisst ihr. Er hat mir davon erzählt und seitdem komme ich nicht mehr von dieser Geschichte los. Sie verfolgt mich sogar in meinen Träumen. Dann wache ich auf und denke immer noch darüber nach, was wohl aus dem Hexer und Cirilla geworden ist. Jeden fahrenden Märchenerzähler habe danach befragt und meinen Vater solange angefleht, mich einmal in die Bibliothek von Oxenfurt zu begleiten, bis er eingewilligt hat. Ich mag noch jung sein, aber ich habe über diese Geschichte zusammengetragen, was ich konnte. Aber ich will, nein, ich muss die Wahrheit wissen, versteht ihr?“

Wiara sah Rittersporn auffordernd an, auf eine Erwiderung wartend. Der alte Dichter war ruhig und nachdenklich geworden. Er schaute erneut in seinen nun leeren Bierkrug hinein, als würde dort am Grund des Kruges irgendeine Erkenntnis auf ihn warten. Doch dieses Mal enttäuschte er sie nicht.

„Wahrheit.“, sagte er leise. „Wahrheit ist ein großes Wort. Viele behaupten, sie würden nach Wahrheit streben und doch sehnen sie sich im Innersten nur danach, das zu hören, was sie hören wollen. Vieles wird als Wahrheit verkauft, was gar keine ist und jeder weiß eine andere Wahrheit zu erzählen. Die Wahrheit zu akzeptieren, das würde den meisten Menschen unendlich schwer fallen, weil sie unbequem, grausam, traurig und deprimierend ist. Weil es in Wirklichkeit meist keine Helden, dafür umso mehr Schurken gibt, und weil eben diese Schurken alles daran setzen, dass die Wahrheit nie ans Licht kommt. Und darum ist die Wahrheit selten eine gute Geschichte.“ Er seufzte und schien sich endlich mit der unbequemen Wahrheit abgefunden zu haben, dass der Bierkrug schon wieder leer war. „Sagt mir, Fräulein Wiara“, fuhr er fort, „welche Version der Wahrheit wollt ihr hören? Und ganz nebenbei, ihr schuldet mir immer noch ein Antwort, woher ihr überhaupt von meiner Anwesenheit hier wisst.“
„Mein Vater erzählte mir heute Mittag davon, dass ihr auf der Durchreise durch unser Örtchen in der Taverne absteigt. Er selbst muss es vom Schankwirt erfahren haben.“

Rittersporn nickte und gab sich scheinbar mit der Antwort zufrieden. Er hob den Arm mit dem Bierkrug, um der Kellnerin ein Zeichen zu geben, dass er halb am Verdursten war. Wiara schaute auf ihren eigenen Krug, den sie bisher kaum angerührt hatte. Sie fragte sich, ob der Dichter redseliger werden würde, wenn er noch mehr trinken würde. Als die Bedienung dem Sänger im Ruhestand einen neuen Krug gebracht hatte, prostete Wiara ihm mit einem Lächeln zu und trank einen großen Schluck. Das Bier schmeckte bitter und leicht schal und sie musste einen Würgereiz unterdrücken. Sie hatte noch nie verstanden, warum die Männer so versessen auf dieses Getränk waren. Aber die Geste hatte immerhin ihren Zweck erreicht, denn Rittersporn schien sich über die Gesellschaft beim Trinken zu freuen und er leerte auf einen Zug fast die Hälfte seines frischen Kruges. Dann ergriff er erneut das Wort.

„Es tut mir Leid, Fräulein Wiara, ich wollte nicht verbittert wirken, aber es sind viele Jahre vergangen und meine Erinnerung ist über die Jahre verblasst. Die meisten Dinge hab ich entweder vergessen oder bereits hunderte Male besungen. Ich kann mir also nicht vorstellen, dass ich euch etwas erzählen könnte, was ihr nicht sowieso schon wisst.“

„Ich glaube euch nicht, Meister Rittersporn. Ich denke vielmehr, dass es da noch etwas gibt, das ihr bisher noch nie jemandem erzählt oder je besungen habt. Ich kenne alle eure Balladen, aber keine berichtet davon, was aus Geralt geworden ist, nachdem Nilfgaard die Jaruga erneut überquerte. Keine berichtet davon, ob er Yennefer je gefunden hat. Keine berichtet davon, was aus Cirilla geworden ist, ob sie zurückgekehrt ist und ob Geralt sie jemals wieder gesehen hat. Keine berichtet davon, was auf den Skellige Inseln passiert ist in dem Jahr, als die Wilde Jagd zum letzten Mal gesehen wurde. Als der Krieg zwischen Redanien und Nilfgaard seinen Höhepunkt erreichte. Als die Elfen begannen, unsere Welt für immer zu verlassen.“ Wiara machte eine Pause, um das Gesicht des Dichters zu studieren. Erst jetzt fiel ihr auf, dass unter dem dichten weißen Bart und den vielen Falten, die das Alter so mit sich bringen, ein noch immer sehr wacher Geist wohnte und dass seine blauen Augen sie stets aufmerksam betrachteten. Sie versuchte sich vorzustellen, wie der Dichter wohl vor 40 Jahren ausgesehen haben mochte. Sie kannte die Geschichten von Rittersporn, dem ewigen Schürzenjäger mit der Stimme aus purem Gold und dem grandiosen Aussehen, vor dem kein Rock sicher war. Sie malte sich aus, wie ihr Treffen wohl verlaufen wäre, wäre sie ihm als junger Mann begegnet. Alleine der Gedanke daran, ließ ein leichtes Gefühl der Erregung in ihr hochsteigen und sie bemerkte, wie sie erneut errötete. Sofort schalt sie sich angesichts des Greisen ihr gegenüber einen Narren und trank erneut einen Schluck von dem bitteren Gebräu in ihrem Krug, um auf andere Gedanken zu kommen. So sehr sie den Geschmack auch verabscheute, musste sie sich doch eingestehen, dass das Getränk eine belebende Wirkung auf sie hatte und ihr eine Art von Mut verlieh, den sie sich unter anderen Umständen wohl kaum zugetraut hatte. Schließlich gab sie es auf, die Miene des Dichters lesen zu wollen, und fuhr fort, entschlossen, Rittersporn zum Reden zu bringen.

„Ich habe viele Gerüchte gehört. Geschichten, die die Runde gemacht haben über das, was passiert ist. Die meisten davon waren ziemlich abenteuerlich und unglaubwürdig. Ein paar davon würde ich zutrauen, dass sie zumindest teilweise wahr sind. Aber ich bin bisher niemals jemandem begegnet, der wirklich dabei war, der alles selbst miterlebt hat, der die beteiligten Leute persönlich kannte. Das muss ein Wink des Schicksals sein, Meister Rittersporn.“ Wiara trank erneut einen Schluck und beschloss, alles auf eine Karte zu setzen. „Ihr müsst mir einfach davon erzählen. Dass wir uns hier heute begegnen, das kann kein Zufall sein. Die Vorherbestimmung, wisst ihr? Sie muss uns hier zusammengeführt haben. Sie muss dafür gesorgt haben, dass die Geschichte des Hexers, der Zauberin und der Prinzessin die Zeiten überdauert, wenn ihr einmal sterben solltet. Versteht ihr? Ihr müsst mir einfach davon erzählen. Ich muss es wissen und ihr müsst es erzählen. Ich bin jetzt ganz sicher, dass alles, was wir bisher im Leben gemacht haben, zu diesem einen Moment hier geführt hat. Dieses Treffen hier, das war unsere Vorherbestimmung, Meister Rittersporn.“

Rittersporn schaute sie lange an, offensichtlich einen schweren inneren Konflikt ausfechtend. Wiara konnte sehen, wie sich auf seinem Gesicht Trauer, Hoffnung, Angst, und Zweifel stetig abwechselten. Nach ein paar Minuten der Stille, in der sich die beiden schweigend gegenüber saßen und die Wiara wie eine Ewigkeit vorkamen, griff der alte Dichter nach dem Stilett, das immer noch auf dem Tisch lag und fuhr mit dem Finger an der scharfen Schneide entlang. Wiara sah ihm dabei zu, nicht imstande auch nur ein weiteres Wort zu sagen, da sie befürchtete, jeder weitere Versuch den Sänger zu bedrängen, könnte die Gelegenheit endgültig zunichte machen.

Sie konnte ja nicht wissen, wie sehr sie Rittersporn ins Mark getroffen hatte, welche Dämonen ihr sanftes Drängen, ihr jugendlicher Körper, ihre Worte von Schicksal und Vorherbestimmung in ihm hervorgerufen hatten, welche Erinnerungen sich im plötzlich wieder mit Gewalt ins Gedächtnis drängten.

Er sah ihn wieder vor sich, seinen alten Freund, den Hexer, wie er mit seinem scharfen Hexerschwert unnachgiebig auf- und abschlug, verletzend und tötend, ohne Gnade und ohne Unterlass. Er sah erneut die Trauer, die Schwere und die Mordlust in den katzenhaften Augen seines alten Freundes. Er erinnerte sich daran, wie sein alter Freund, müde vom vielen Töten und müde von allem, was er gesehen hatte, es der Welt in gleicher Weise vergelten wollte, mit dem Schwert in der Hand. Er erinnerte sich an Ciri, die stolze, tapfere Ciri, die trotz ihrer Jugend schon so viel erlebt hatte und erdulden musste. Er erinnerte sich an das Mädchen, das sie einst war, und an die junge Frau, die aus ihr geworden war. Er erinnerte sich an die Kälte in ihren Augen und es erschauderte ihn. Er sah vor seinem geistigen Auge wie sich Ciri und Yennefer umarmten, die so grausam verletzte, junge Schwalbe und der alte Rabe, der letztlich alles für sie gegeben hätte. Er erinnerte sich an die dunkelhaarige Zauberin, wie sie ihn stets abfällig behandelte und in welches Unglück sie seinen alten Freund immer wieder stürzte, aber auch daran, wie viel sie seinem alten Freund bedeutete. Er erinnerte sich an all die Gesichter, die schon lange verblichen waren, weil sie Toten gehörten. Er erinnerte sich an Riva. Die dreizackige Mistgabel. Yennefers Verzweiflung. Ciris Einsicht. Das Einhorn. Den See. Das Boot. Den Nebel.

Alles ist ein Zyklus, ein ewiger Kreislauf. Leben und sterben. Etwas endet, etwas beginnt. Das ist der Lauf des Schicksals.

Er erinnerte sich an die vielen intensiven Gespräche mit seinem alten Freund. Er erinnerte sich an den pragmatischen Optimismus, den sein Freund so oft vertrat und den er damals nicht nachvollziehen konnte. Er erinnerte sich daran, wie wenig er selbst daran glaubte, war die Welt um ihn herum doch stets geprägt von Krieg, Tod und Verfall.

Hatte sein alter Freund doch recht gehabt? Ist alles ein Zyklus? Existiert die Vorherbestimmung wirklich? Und wenn ja, kann ich es mir dann erlauben, dem Mädchen die Wahrheit vorzuenthalten? Hat sie es nicht verdient, die Wahrheit zu erfahren? Aber was ist mit Geralt und mit Ciri? Haben sie es nicht auf verdient, dass man sich ihrer so erinnert, wie man sich ihrer erinnern sollte?

Er musste sich entscheiden. Und er entschied sich.

Rittersporn legte langsam das Stilett auf den Tisch, sah Wiara tief in die Augen und begann zu erzählen:

„Alles begann mit einem Traum…“


[Fan-fiction short story by M.J.F]


If you like the story i would appreciate a like. :)


Real connoisseurs of the novels might remember some names and therefore might be able to fill out the blanks why this certain meeting might be important for the whole story in the Witcher franchise... ;
 
Last edited:
I can't read German, and therefore have no idea what you're fanfiction is, but you are aware that the games aren't canon right? Even if you accept the games as your personal canon for the continuation of the story, there have always been inconsistencies between the games and books, hell even within the games themselves. While these can be annoying, it seems as if you've accepted them in Witcher 1 and 2; I can't imagine accepting the ones in 3 can be that much more difficult.
 
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